Wir danken Frau Cordula Eich für die Erlaubnis, ihren spannenden Blogeintrag auch bei uns zu veröffentlichen.
Klar weiß ich, was MIR schmeckt! Das muss ich mir von niemandem erklären lassen. Und überhaupt – selbstverständlich weiß ich, WAS ich schmecke! Haste gedacht! Is nich so! Unser Gehirn spielt uns dauernd Streiche: What you see is what you get! (WYSIWIG!)
Mit anderen Worten: Wir schmecken das, was wir zu schmecken erwarten:
Wir sehen Rotwein und nehmen sofort Beerenaromen wahr. Wir haben Weißwein im Glas? Klar! Jetzt schmecken wir Citrus!
Stellt man uns einen Tetrapak vor die Nase, wissen wir schon vorher, dass der Inhalt schlechter schmeckt als der Wein aus der schweren Flasche, und der für € 20 mundet immer besser als der für € 4,99. Das wissen wir aus eigener Erfahrung. Ist so, oder!? Funktioniert umgekehrt übrigens genauso.
Wenn ein Weinsnob schon vorher weiß, dass der Wein aus dem Supermarkt nichts taugt, schmeckt er ihm tatsächlich schlecht … (was man dann in diversen Weinforen ausgiebig lesen darf.) Hierzu hat Frédéric Brochet, seines Zeichens Professor für Önologie an der Universität in Bordeaux, 2001 ein sehr interessantes Experiment durchgeführt:
54 seiner Studenten bekamen je ein Glas mit Weißwein und ein Glas mit „Rotwein“ eingeschenkt. Diese beiden Weine sollten sie beschreiben. Was sie nicht wussten: In beiden Gläsern war derselbe Weißwein, nur eben einmal mit geschmacksneutraler Lebensmittelfarbe rot gefärbt. Trotzdem schmeckten die Probanden völlig unterschiedliche Aromen! Kein einziger von ihnen kam auf die Idee, dass der Inhalt der Gläser geschmacklich identisch sei. Niemand vermutete im Rotweinglas einen Weißwein. Anschließend wurden den Versuchskaninchen zwei Rotweine serviert: Ein einfacher Landwein und ein edler Grand Cru. Der Landwein wurde kurzerhand als flach und wenig spannend abgetan, während der Grand Cru zum philosophieren anregte. Die schönste Weinpoesie wurde gefunden, um diese Weingröße zu beschreiben. Natürlich handelte es sich aber auch hier um den gleichen Wein, der in zwei unterschiedliche Flaschen gefüllt wurde. Und dieser „Trick“ funktioniert nicht nur bei Studenten und Weinlaien! Echte Profis fallen ihrem Gehirn ebenso zum Opfer. Darum wird in Fachkreisen auch immer blind verkostet. Was allerdings nicht bedeuten soll, dass wir fortan alle zu Hause nur noch mit Augenbinde Wein trinken sollten! (Obwohl … so ab und zu … )